Mit unserem Bus sind wir in der warmen Saison noch selten länger als 3 Nächte am selben Ort geblieben, jetzt warens 2 Wochen im Bergell. Nur kurz unterbrochen durch die Besteigung des Piz Bernina war der Camping Mulina unser Basislager. Zu Fuss erreicht man in 5 Minuten die Poschihaltestelle und gelangt bequem in das höher gelegene Oberengadin oder das südländische Chiavenna. Unzählige Wandermöglichkeiten bieten sich an, eingeschränkt in der zweiten Woche durch unstabile Wetterprognosen. Diese veranlassten uns zu kürzeren Touren um zeitlich wieder zurück zu sein, um den dann tatsächlich aufkommenden Gewittern nicht draussen ausgeliefert zu sein. Auffallend viele Engländer bevölkerten den Camping, die meisten waren per Zelt und zum Klettern hier.
Vom schön und ruhig gelegenen Campingplatz sehen wir gegenüber die eindrücklichen Bergeller Bergspitzen. Der Fluss Maira hat sich hier ein breites Bett geschaffen.
Vom Camping wandern wir hoch zur Via Panoramica und weiter bis Soglio. Vom Panorama haben wir heute nicht viel, erstens ist es sehr dunstig, zweitens wandern wir oft im Wald. Früher war viel mehr Weideland, der Wald hat sich aber ein grosses Gebiet zurück erobert, zu mühsam und unrentabel ist die Bewirtschaftung. Entsprechend passieren wir einige zerfallene Hütten. Die Wanderung ist trotzdem sehr schön. Ich liebe Wasserfälle, und von denen gibt's einige. Soglio ist zudem ein sehr schönes Dorf, wir geniessen Kastaniengnocchi und -bier und decken uns mit lokalen Lebensmitteln ein. Zurück in Vicosoprano besichtigen wir den Senvelenturm aus dem 13. Jahrhundert, bestückt mit Folterinstrumenten aus alten Zeiten.
Über dem Albigna Stausee steht eines der Wahrzeichen des Bergell, La Fiamma, eine eindrückliche Felsnadel. Diese ist bei Klettern sehr beliebt, überhaupt ist hier ein Klettergebiet. Weniger besucht ist der benachbarte Gipfel Spazzacadeira, einfacher zu erklettern und mit schöner Aussicht, speziell auch auf die Fiamme. Wir wagen die Überschreitung und landen nicht ganz auf der optimalen Route. Einige Male müssen wir abseilen, einmal verklemmt sich das Seil und ich darf wieder mal den Selbstaufstieg am Seil „üben“.
Beim Versuch letztes Jahr mussten wir wegen zuviel Schnee noch umkehren. Diesmal herrschen optimale Bedingungen. Kurz nach halb vier in der Nacht starten wir im Schein der Stirnlampen. Schon der Zustieg zur Fuorcla Prievlusa, wo wir letztes Jahr kehrt machten, hat es in sich. Nur noch ein kurzes Stück geht’s über den schwindenden Gletscher, der Rest ist anspruchsvoller Pfad oder Klettersteig. Ab da ist dann Klettern angesagt bis man auf den Biancograt stösst. Auf dieser Himmelsleiter steigen wir teils steil hoch zum Piz Alv, danach wieder kletternd (und abseilend) zum Piz Bernina, dem östlichsten Viertausender der Alpen und einzigen in Graubünden. Nun folgt noch der Abstieg zum Italienischen Rifugio Marco e Rosa, das wir nach ca. 14 Stunden erreichen und wo wir übernachten.
Wir sind im Rifugio Marco e Rosa und wählen für den Rückweg die Variante Überschreitung Piz Spinas - Piz Palü Ost- und Westgipfel und dann runter zur Diavolezza. Die Morgenstimmung ab der Hütte ist fantastisch, auf dem Gletscher steigen wir hoch bis wir den Spinasgrat erreichen. Diesen kraxeln wir am kurzen Seil hoch zum Piz Spinas bevor wir die vergletscherten Palü - Gipfel auf teils schmalen Firngraten überschreiten. Der Gletscher im Abstieg ist gut eingeschneit und einfacher zu begehen als bei unserem letzten Besuch 2023. Nach ca. 8 Stunden erreichen wir Diavolezza und geniessen bei einem kühlen Bier die Aussicht auf die Gipfel, auf welchen wir in den vergangenen 2 Tagen gestanden haben. Und morgen werden wir die Beine vor unserem Camper in Vicosoprano hoch lagern.
Die beiden malerischen Bergseen Bitabergh und Cavloc liegen heute auf unserer Wanderung. Der Aufstieg führt uns durch schöne Wälder. Zurück in Maloja hängen wir wir noch eine Runde zu den Gletschermühlen und zum Belvedere an. Hier gibt es die grösste Konzentration von Gletschermühlen in Europa. Der Weg führt durch einen Wald, zwischen den Bäumen blühen massig Alpenrosen, das hab ich so noch nie gesehen.
Im italienischen Chiavenna ist Markt, aber wir bleiben schon in Castasegna hängen. Nach einem schweren Unfall ist die Strasse ennet der Grenze gesperrt. So bummeln wir halt durch diesen Grenzort
mit südländischem Charme (und Temperaturen), bevor wir zum Rückzug blasen.
Fotos
DER Aussichtsberg des Bergells. In Casaccia starten wir und durchwandern die Täler Val Maroz und Val da Cam und erleben eine Blütenpracht. Der Gipfel ist weglos zu erreichen. Auf der gegenüber
liegenden Talseite erblicken wir die hohen Bergeller, die Engadiner Seen sind ebenfalls gut sichtbar. Nach ausgiebiger Gipfelrast folgt noch der lange Abstieg nach Vicosoprano. Während der ganzen
gut sechsstündigen Wanderung begegnen wir kaum einer Hand voll Leuten.
Fotos
Unser erstes Ziel, das Bergdorf Savogno, ist nur zu Fuss erreichbar. Das Dorf war eine zeitlang ganz verlassen, inzwischen hegen und pflegen viele ihre Häuser wieder als Zweitwohnungen. Spannend ist dann der Abstieg am Wasserlauf Acquafraggia mit seinen Wasserfällen. Wir wandern weiter nach Chiavenna, ob der Hitze haben wir aber nicht mehr die Lust, diese Stadt zu besichtigen.
Heute haben wir nachgeholt was wir gestern nicht mehr mochten, Chiavenna besichtigen. Kurz: Italienisches Flair in den Bergen, sehenswerte Altstadt, Bars, Apéro, Pizza, ..., auf jeden Fall einen Besuch wert.